Samstag, 20. August 2011

als ich gestern den internetshop verlies...

...bin ich schnurstracks zum slum gefahren und bin von der train station 15 Minuten zum slum gelaufen. Auf dem Weg dorthin, 2 Abbiegungen von meinem Ziel entfernt, entdeckte ich ein grosses Gebaeude mit einem riesigen Schornstein aus dem schwarzer Raum rauskam. Und ja tatsaechlich es war ein Krematorium. Ein ueberaus komisches Gefuehl nach vorgestern. Dabei ist mir nocheinmal bewusst geworden, dass bei uns eigentlich jede Woche jemand stirbt. Das kann ich erkennen an den Zelten, die dann vor den Haeusern aufgerichtet werden.

 Mh ich sitze hier in einem neuausgewaehlten Internetshop (habe nun das dritte gefunden, Tastatur ist so neu, dass es schwer zu schreiben geht..- immer die Tastaturen), hoere wunderbare indische Musik und werde heute bei meinen neuen Zwillingsfreundinnen uebernachten, movies schauen, essen und morgen gemeinsam zur chruch losziehen. Ich konnte heute wieder mit lieben Freunden und Bruedern telefonieren, was mich besonders erfreut. Aber zugegeben macht es mich danach (auch nach dem Besuch bei Facebook) auch immer sentimental. Mh naja.

 Ich befinde mich nun in der Rampenabschiedsvorrichtung (koennte jemand bitte dieses Wort in den Duden bringen ;-)  ). Jeder um mich herum weiss genau wie lange ich nur noch hier in Chennai bin. Nur noch 12 Tage Ruth...und ja langsam -seit 3 Tagen - registriere ich es auch langsam, muss Plaene machen, mit wem ich wann noch treffen kann und wie ich arbeiten will. Es ist schon gerade sehr hart. Ich werde immer wieder gefragt wann ich wieder komme und ob ich nicht naechsten Monat zum Geburtstag kommen koennte. Ich dachte immer, dass ich nach meinen 80 Kindern ;-) in Danishpet die Kinder hier nicht mehr so nahe an mich ranlassen kann oder sollte. Aber es ist wieder so gewachsen. Wenn ich das Wochenende viel mit Freunden unterwegs war klammern besonders die Kleinen (6 Jahre) ewig an meiner Kleidung, streiten um den Platz auf meinem Schoss und ich kriege schlabbrige Kuesse.
Es ist hart fuer mich Suedindien bald zu verlassen, ich habe Angst all die schoene Lebensweise zu verlieren.

Oft frage ich mich, und werde gefragt, ob ich Indien mag. Kann man Indien lieben? Das Land oder die Menschen? Aber kann man wirklich Schmutz, Gewalt, europaeisch empfundene Unhoeflichkeit - Unachtsamkeit - nicht mitdenken , ein Kastensystem, Vergewaltigung, Morde, ein enges verurteilendes Familienclanverhalten oder raues Miteinander und Schlaege lieben oder gutfinden?
Koennte ich ein Land lieben, welches Maedchen nach der Geburt toetet, nur weil sie unnuetze Maedchen sind?
Koennte ich ein Land lieben, dass voller wunderbarer bunter Farben ist? Ein Land in dem die Menschen wahnsinnig schoene weisse Zaehne haben, die Strassen klasse sandig und die Haeuser bunt angestrichen sind? Indem es diese tollen Schalter fuer Licht und Fen gibt, die Musik einzigartig in der ganzen Welt gespielt wird und die Taenzer sich nicht zu fein sind ihre Arme wie Hennen zur Musik auf und ab zu heben? Koennte ich ein Land lieben, wo ich Barfuss laufen darf, man sich mit Wasser besappern kann und es nicht schlimm ist, weil die Klamotten mit der Hitze eh gleich wieder trocken werden? Ein Land, indem das Langsamgehen- aus Gruenden der Hitze -Routine ist und sich keiner dran stoert wenn du zu spaet kommst? Ein Kontinent in dem du jeden Tag mit den Fingern essen darfst, es Blumen, Mangos und Jackfruit im Ueberfluss gibt und die wir mit den Kindern frei im Gebirge rumrennen koennen? Ein Land indem die Frauen Henna bemalt und farblich abgestimmt das Haus verlassen und Kokonutoil fuer alles und jeden als Allheilmittel benutzt wird?

Koennte ich Deutschland lieben  mit allen Verkehrstoten, allen oberflaechlichen Hoeflichkeiten, den nachbarschaftlichen Naseruempfen, der schwachsinnige Kampf der Parteien und den neuen sinnlosen Einkaufszentren. Koennte ich mein Nativplace lieben mit aller Korrektheit, wo kaum was verloren geht, alles gut dokumentiert und sortiert ist und ich selbst im Supermarkt mir meinen gewuenschten Artikel aussuchen kann?
Koennte ich Amerika lieben mit all ihrer Eitelkeit, Ichbezogenheit und ziemlich zu grossen Milchkanistern? Koennte ich das Land lieben, welches nicht nur wunderschoene Naturgebiete vorhaelt, sondern es auch den Menschen leicht macht ein eigenes Business aufzubauen?

 Ja, ich kann dieses Land lieben, mit all seinen Herausforderungen und Ungerechtigkeiten.


Ja ich vermisse Indien und ich habe Angst alles zu verlieren, was ich hier so an Lebensweise kenen und lieben gelernt habe zu verlieren, zu verlernen, nie wieder zu bekommen.

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